Kalabrien - Strand und Berge


Mehrere Wochen stehen wir bereits in Punto Alice am Leuchtturm, so gut gefällt es uns hier! Ganz sicher ist dies einer unserer schönsten Plätze - kilometerlanger Strand, etliche Wege im und am Wald, Ruhe und Einkaufsmöglichkeiten im nächsten Dorf! Nur die Zufahrt durch den Wald könnte ein bisschen breiter sein 😉😁!

Delfine - keine Ahnung, wie viele es sind!

Immer wieder tauchen sie auf, während sie an uns vorüber ziehen         ❤❤❤

Obwohl es oft stürmisch und kühl ist, reichen die Temperaturen für einen Hauch von Frühling🌺🌻🌼.

So schön es hier ist, irgendwann zieht es uns doch weiter. In der Nähe von Crotone finden wir einen Baumarkt. Wir brauchen irgendwas um Diego ums Wohnmobil herum anbinden zu können, wenn wir ihn nicht frei herumlaufen lassen können, ein paar Pinsel, um die vielen Lackschäden am LKW  ausbessern zu können und ein paar Meter Stromkabel mit Stecker und Dose.

Wir finden alles....und noch etwas, das unser schwäbisches Herz höher  schlagen lässt!

Ein Spätzlesdrücker - im Baumarkt 😍😍😍!

Das ist mitten in der Stadt, keine 500 Meter weiter nochmal so ein Berg! Die vielen freilaufenden Hunde zerreißen die Müllsäcke, sie  und der Wind verteilen den Inhalt über die ganze Gegend!

Definitiv gibt es bei der effektiven Müllentsorgung ein Nord-Süd-Gefälle.

Beim Recherchieren zu dem Thema finden wir heraus, das die kalabresische Mafia, die `Ndrangheta, auch bei der Entsorgung von Müll und Giftmüll die Finger im Spiel hat.

Eine Nacht verbringen wir in Castello auf dem Parkplatz am Yachthafen, schauen uns die normannische Burg (leider nur von außen) an und bummeln durch das nahezu ausgestorbene Städtchen. 

Nach einer gefühlten Ewigkeit am Meer beschließen wir, in die Berge zu fahren. Zum Einen natürlich weil wir die Berge lieben, zum Anderen weil es uns am Meer schlicht zu laut ist - ständig den Wind und die Brandung in den Ohren, sehnen wir uns nach Stille.

Auf Google Maps haben wir uns vorab schon einen Platz am Ufer eines Bergsees ausgewählt.

Wir fahren hoch und das Wetter wird immer schlechter - Sturm und starker Regen. Als wir am See stehen, ist der Wind in den Bäumen lauter als am Meer und die Wellen sind auch nicht  unbedingt kleiner 🤣🤣🤣!

Am nächsten Morgen hat der Regen aufgehört, aber es ist knackig kalt! Beim Spazierengehen kommen wir zur Talstation eines Skigebiets.

Thomas hat zum ersten Mal in diesem Winter seine Winterjacke an und Tuna erfreut sich an einem Rest Schnee.

Für die nächsten Tage sind hier heftige Minustemperaturen vorhergesagt - Liebe zu den Bergen hin oder her, das ist kein Wetter für uns! Wir entscheiden uns zur Flucht ans Meer 🌞🌞🌞.

Da wir jetzt schon ganz oben sind, können wir einfach weiterfahren, weg vom Ionischen Meer und im Westen runter zum Tyrrhenischen Meer.

Auf der Küstenstraße fahren wir noch ein kleines Stück nach Süden, dann haben wir unseren Platz gefunden 🤩!

Da hatten wir wieder einen Riecher für Traumplätze! Einsamer Strand, Wald und sogar Seen, in deren Uferschilf es quakt und schnattert. Beim Spazierengehen stoßen wir auf eine wunderschön gelegene Ruine inmitten riesiger, nicht mehr bewirtschafteter Felder. Die Landflucht ist auch hier überall spürbar.

Zu unserem Wocheneinkauf fahren wir in die nächste Stadt, Lamezia Terme. Die Stadt ist zur Zeit in den Schlagzeilen, weil dort seit Ende Januar der größte Mafiaprozess außerhalb Roms stattfindet. Die Wahl des Ortes hat symbolische Bedeutung, weil aus Lamezia 20 der circa 60 `Ndranghetaclans stammen. Es sind über 150 Angeklagte und der Prozess wird sich über mehrere Jahre ziehen. Nach Schätzungen hat die `Ndrangheta einen Jahresumsatz von 54 Mrd. Euro, mehr als die Deutsche Bank und Ikea zusammen. Haupteinnahmequelle ist der Handel mit Kokain und die illegale Giftmüllentsorgung.

Vom Strand aus können wir die Übungsflüge der Löschflugzeuge beobachten. Der nächste Waldbrand kommt bestimmt!

"Unserer" Bucht gegenüber, ungefähr 100 km entfernt, ragt der Stromboli 930 Meter aus dem Meer.

Meistens ist er nicht zu sehen, bei Sonnenuntergang wird er jedoch sozusagen von hinten beleuchtet.

Auch an ganz besonders klaren Tagen ist er gut zu erkennen, manchmal sogar mit der charakteristischen Rauchwolke.

Der Stromboli zählt zu den wenigen Vulkanen, die immer aktiv sind.

Alle 5 - 15 Minuten bricht er ein wenig aus, eine Gefahr für die dort lebenden Menschen geht davon nicht aus.

Hier endet jetzt auch unser Olivenexperiment - vor acht Wochen in Apulien gepflückt!

Jeder, der schon mal Oliven frisch vom Baum probiert hat, weiß wie biiter die sind. Deshalb werden sie nach dem Waschen oben ein bisschen eingeschnitten und dann in einem Glas oder Eimer in Wasser eingelegt. Das Wasser sollte jeden 2. - 3. Tag gewechselt werden. Am Anfang ist es noch fast schwarz, wird aber dann immer heller. Nach ca. 4 Wochen kann man die Oliven mal probieren - wenn sie immer noch bitter sind weiter wässern.

Bei unseren war es nach 5 Wochen soweit. Eine Woche haben wir sie noch in Salzwasser eingelegt, bevor wir sie in Gläser mit Rosmarin, Thymian, Knoblauch, Pfefferoni und Paprika in Olivenöl umgefüllt haben. Nach weiteren zwei ist es soweit: die ersten selbst eingelegten Oliven!

Ein Hochgenuss! Geschmack und Konsistenz super, nur mit dem Knoblauch waren wir vielleicht etwas zu verschwenderisch  😋😋😋!

Das werden wir ganz sicher wiederholen!

So lange wie noch nie stehen wir an einem Platz - ganze vier Wochen! Unsere Urlaube früher hatten  natürlich immer einen Endtermin, an dem wir wieder Zuhause sein mussten. Das fällt jetzt weg, wir sind ja immer Zuhause😍.

Die Zeit vergeht wie im Flug, die täglichen Sonnenstunden werden mehr und unsere Akkus haben wieder mehr Kapazität!

Und trotzdem brechen wir hier unsere Zelte ab, wir haben einen Termin. Wir bekommen Post!

Es gibt einige Dinge, die wir uns aus Deutschland haben schicken lassen. Pietro, ein Freund von Thomas, hat Familie hier in Kalabrien. Dorthin, nach Frascineto, durften wir unser Paket schicken lassen. Frascineto liegt 120 km nördlich von uns in den Bergen rund um den Monte Pollino.

Wir nehmen, entgegen unsere Gewohnheit, die Autobahn. Bei schönstem Wetter fahren wir durch die Berge, vorbei an blühenden Mandelplantagen.

In Frascineto checken wir auf einem Campingplatz ein, besser gesagt: auf einem Platz, der mal ein Campingplatz werden möchte.

Das Sanitärgebäude ist noch in der Rohbauphase, also kein WC oder Dusche. Der Preis pro Tag ist unangemessen, der Platz liegt aber sehr schön, hat Strom und Wasser. Außerdem ist der Besitzer wirklich sehr freundlich und nett. Er erzählt uns, dass er vier Jobs hat und das Geld trotzdem nicht reicht. Seine Konditorei ist zur Zeit geschlossen, er hofft auf Sommertourismus. Auch in Frascineto ist Landflucht, der Ort hatte vor 10 Jahren noch 1000 Einwohner mehr. 

Wir stehen wirklich nur wegen Strom und Wasser hier: Großputz ist angesagt! Die Bezüge unserer Sitzecke, Teppiche und das gesamte Hundezeug wandern nach und nach in unsere Waschmaschine. Gründlich Bodenschrubben ist auch mal dran, wir verbrauchen fast 400 Liter Wasser für die Aktion!

Unser Solarstrom hätte für den Waschmarathon auch nicht ausgereicht, manchmal darf es schon eine Steckdose sein🤩🤩🤩.

Die Berge um Frascineto werden die kleinen Dolomiten genannt. Am Tag nach dem Putzflash gehen wir zum ersten Mal mit unserem kleinen Hund wandern, Tuna ist dafür mit 13 Jahren leider zu wacklig auf den Beinen.  

Diego ist ganz im Glück und nicht klein zu bekommen❤

Am nächsten Abend weitere Highlights: wir besuchen zuerst Pietros Tante und danach ihren Sohn, der eine Pizzeria hat! So lange sind wir jetzt schon in Italien und waren noch nie Pizza essen! Das ändern wir heute, Pietro hat seinen Cousin bereits informiert und werden aufs köstlichste bekocht😋😋😋. Unser Paket bekommen wir auch hier, es hat alles perfekt funktioniert!

Mille Grazie, Pietro!

Nach drei Tagen Campingplatz wollen wir wieder frei stehen. Nicht weit vom Dorf entfernt finden wir einen tollen Platz mit viel Sicht auf die Berge. Die Zufahrt ist eigentlich nicht für den LKW geeignet, wir versuchen es trotzdem und kommen auch hin, aber nicht ohne Verluste: eine Druckluftleitung ist gerissen! Der LKW hat eine Druckluftbremse, bei Druckverlust wird sozusagen eine Notbremsung eingeleitet und Weiterfahren ist unmöglich.

 

 

Reparatur erfolgreich!

Frascineto ist Dorf der Arberesh, den Nachfahren albanischer Auswanderer. Diese kamen bereits im 14. Jahrhundert auf der Flucht vor dem türkischen Heer nach Italien. In Albanien hätten sie zum Islam konvertieren müssen oder wären getötet worden. Diese Auswanderer hielten auch in Italien an ihren Gebräuchen, Sitten und der Sprache fest. Es gibt ungefähr 200000 Menschen in Italien, die Arberesh sprechen. Die Ortsnamen und Schilder an öffentlichen Gebäuden sind zweisprachig. Die Sprache hat sich aber über die Jahrhunderte soweit verändert, dass sich die italienischen "Albaner" nicht wirklich mit Albanern verständigen können. Es gibt aber nach wie vor enge Beziehungen zu Albanien, der albanische Ministerpräsident besucht die Arbereshgemeinden regelmäßig. Wir sehen auch viele albanische Flaggen und Symbole.

Der Gottesdienst in der Basilika ist griechisch-byzantinisch und wird abwechselnd auf griechisch und albanisch abgehalten.

Nach einer Woche verabschieden wir uns aus Frascineto. Bestimmt kommen wir auf dem Rückweg von Sizilien nochmal hierher😍.

Nächstes Ziel ist Civita, nur 8 km entfernt. Civita ist auch ein Arbereshdorf, bekannt durch Raganello-Schlucht, über der es thront.

Der LKW parkt vor dem Friedhof von Civita, also schauen wir uns den auch gleich an. In der Mitte des Friedhofs sind die Erdgräber, wie wir sie aus Deutschland kennen. An den Außenmauern entlang sind die Familiengrüfte, die wie kleine Kapellen aussehen. Die Särge werden dort in die Wände gestellt und vermauert.

Frühling!

Wir möchten noch länger in den Bergen bleiben und übernachten an einem Bergsee, es ist kalt und sehr windig. Laut Wetterprognose sinken die Temperaturen, Regen kommt auch dazu.

Und wieder ändern wir unseren Plan: es ist eben noch zu früh im Jahr für die Berge, wir machen das im Sommer. Also wieder runter ans Meer! 

Und so stehen wir nach acht Tagen wieder an dem Platz, von dem aus wir gestartet sind, am Strand bei Lamezia Terme🤣.

Einer unserer Laptops gibt im Lauf der Woche seinen Dienst auf. In Lamezia Terme finden wir einen Elektrofachmarkt, passendes Gerät hat er auch auf Lager. Der Verkäufer installiert uns noch Windows und stellt die Sprache um. Und trotzdem ist einiges anders: die Tastatur hat keine Umlaute, manche Buchstaben sind woanders und manche Programme sind trotzdem italienisch.

Aber funktioniert👌😊!

Das Wetter ist hier in der Küste sehr wechselhaft, zwischen Mittagessen in der Sonne und Spaziergang bei eisigem Wind und Regen ist alles drin.

Mittlerweile sind wir wieder zu dritt, Uta ist wieder da! Wir stehen noch eine weitere Woche hier, dann brechen wir nach Sizilien auf. Sechs Wochen waren wir jetzt an diesem Platz, so lange waren wir noch nie irgendwo!

Bei grauem Himmel starten wir nach Reggio Calabria, wo wir auf die Fähre wollen.

Und plötzlich ist die Straße gesperrt, einfach so 😂😂😂

Unser erster Blick auf Sizilien! Wir sind beide sehr überrascht, wie nah die Insel ist.

Eine sehr angenehme Überraschung! Die Überfahrt ist wesentlich günstiger als angenommen, da lachen die Schwabenherzen❤❤❤.

Die Fähre trägt den schönen Namen "Fata Morgana"!

Übrigens haben wir mittlerweile den dritten Sitz in der Mitte ausgebaut.

Jetzt passt Diegos Körbchen perfekt dazwischen und er ist viel entspannter beim Fahren (er hat jetzt sowas wie einen Schlafwagen😂😂).